Aroleid
Im Wallis liegt ein stiller Ort,
Geheissen Aroleid;
Es seufzt ein Gram im Namen fort
Seit lang entschwundner Zeit.
Ein Berghirt hing in Todsgefahr
Am steilen Firnenrand,
Ihn stiess hinunter dort der Aar,
Wo keiner mehr ihn fand.
Auf gruner Matte sass sein Weib;
Das Kind ins Gras gelegt,
Sass sie und schaut’ mit starrem Leib
Hinuber, unbewegt,
Hinuber, wo im Dammerblau
Der Berg zur Tiefe schwand
Und mit des Gipfels Silberau
So still am Himmel stand.
Voll bittrer Sehnsucht sprang sie auf
Und ging im Mattengrun
Mit schwankem Schritt und irrem Lauf
Und heissem Augengluhn.
Da schreit ein Kind, ein Flugel saust
Wohl uber ihrem Haupt –
Mit ihrem Kind zur Hohe braust
Der Aar, der es geraubt!
Noch sieht das Wickelband sie wehn
In der kristallnen Luft,
Dann sieht sie’s wie ein Punktlein stehn
Im ferneblauen Duft,
Dann nichts mehr, nie, solang sie lebt! –
Sie nahm kein Trauerkleid;
Doch von dem Leid, das dort noch webt,
Der Ort heisst Aroleid.
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