Українська та зарубіжна поезія

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Im Nachtzug

Es poltert der Zug durch die Mondscheinnacht,
die Rader drohnen und rasen.
Still sitz’ ich im Polster und halte die Wacht
unter sieben schnarchenden Nasen.
Die Lampe flackert und zittert und zuckt,
und der Wagen rasselt und ruttelt und ruckt,
und weit, wie ins Reich der Gespenster,
weit blick’ ich hinaus in das dammrige Licht,
und schemenhaft schau’ ich mein blasses Gesicht
im lampenbeschienenen Fenster.

Da rast es nun hin mit dem brausenden Zug
an Wiesen und Waldern voruber,
uber Mauern, Stakete und Baume im Flug,
und truber blickt es und truber.
Und jetzo, wahrhaftig, ich tausche mich nicht,
jetzt rollen uber mein Schattengesicht
zwei schwere und leuchtende Tranen.
Und tief in der Brust klingt es und singt’s,
und fiebernd das Herz und die Pulse durchdringt’s,
ein wildes, ein brennendes Sehnen.

Ein Sehnen hinaus in das Mondscheinreich,
das fliegend die Drahte durchschneiden.
Sie tauchen hernieder und steigen zugleich,
vom Zauber der Nacht mich zu scheiden.
Doch ich blicke hinaus, und das Herz wird mir weit,
und ich lulle mich ein in die selige Zeit,
wo nachtlich tanzte am Weiher
auf Mondlichtstrahlen die Elfenmaid,
dazu ihr von minniger Wonne und Leid
der Elfe spielte die Leier.

Der Elfe, er spielte die Leier so schon,
die Graslein mubten ihm lauschen,
der Muhlbach im Sturze vernahm’s und blieb stehn,
vergessend sein eigenes Rauschen.
Maiblume und Rotklee weineten Tau,
und wonnige Schauer durchbebten die Au,
und Sanger lauschten im Haine.
Sie lauschten und lernten vom Elfen gar viel
und stimmten ihr duftendes Saitenspiel
so zaubrisch und rein wie das seine.

Voruber, voruber im sausenden Takt!
Kein Zauber nimmt dich gefangen,
der du schwindelhoch uber den Katarakt
und tief durch die Berge gegangen.
Du rasender Pulsschlag der fiebernden Welt,
du Damon, der in den Armen mich halt
und tragt zu entlegener Ferne!
Ich bliebe so gerne im Mondenschein
und lauschte so gerne verschwiegen allein
der Zwiesprach’ seliger Sterne!

Rauchwolken verhullen das dammernde Bild
und schlingen weibwogende Reigen.
Doch unter mir stampft es und schmettert es wild,
und unter mir will es nicht schweigen.
Es klingt wie ein Ächzen, es rieselt wie Schweib,
als schleppten Zyklopen hin uber das Gleis
den Zug auf ehernen Armen.
Und wie ich noch lausche, beklommen und bang,
da wird aus dem Chaos Donnergesang,
zum Grauen zugleich und Erbarmen.

“Wohl sind wir ein rauhes, blutdurstend Geschlecht,
mit schwieligen Handen und Herzen.
Doch gebt uns zum Leben, zum Sterben ein Recht
und nehmt uns die Last unsrer Schmerzen!
Ja, konnten wir atmen, im keuchenden Lauf,
nur einmal erquickend, tief innerlich auf,
so, weil du den Elfen bewundert,
so sangen wir dir mit Donnergeton
das Lied, so finster und doch so schon,
das Lied von unserm Jahrhundert!

Willst lernen, Poetlein, das heilige Lied,
so lausche dem Rasseln der Schienen,
so meide das schlafrige, tandelnde Ried
und folge dem Gang der Maschinen;
beachte den Funken im singenden Draht,
des Schiffes schwindelnden Wolkenpfad,
und weiter, o beuge dich nieder
zum Herzen der Armen, mitleidig und mild,
und was es dir zitternd und weinend enthullt,
ersteh’ es in Tonen dir wieder!”

Es poltert der Zug durch die Mondscheinnacht,
die Rader drohnen und rasen.
Still sitz’ ich im Polster und halte die Wacht
unter sieben schnarchenden Nasen.
Die Lampe flackert und zittert und zuckt,
und der Wagen rasselt und ruttelt und ruckt,
und tief aus dem Chaos der Tone,
da quillt es, da drangt es, da perlt es empor
wie Hymnengesange, bezaubernd mein Ohr,
in erdenverklarender Schone.

Und leise aufschwillt es, und ebbend verhallt’s
im schmetternden Eisengeklirre.
Und wieder erwacht es, und himmelauf wallt’s
hervor aus dem Tonegewirre.
Und immer von neuem versinkt es und steigt.
Und endlich verweht’s im Tumulte und schweigt
und labt mir ein heibes Begehren,
das sinneberuckende Zaubergeton
von himmlischen Lenzen auf irdischen Hohn
zu Ende, zu Ende zu horen.

“Wir tragen euch hin durch die duftende Nacht,
mit keuchenden Kehlen und Brusten.
Wir haben euch guldene Hauser gemacht,
indessen wie Geier wir nisten.
Wir schaffen euch Kleider. Wir backen euch Brot.
Ihr schafft uns den grinsenden, winselnden Tod.
Wir wollen die Ketten zerbrechen.
Uns durstet, uns durstet nach eurem Gut!
Uns durstet, uns durstet nach eurem Blut!
Wir wollen uns rachen, uns rachen!”

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Im Nachtzug - GERHARD HAUPTMANN