Der Mohrenfurst
1
Sein Heer durchwogte das Palmental.
Er wand um die Locken den Purpurschal;
Er hing um die Schulter die Lowenhaut;
Kriegerisch klirrte der Becken Laut.
Wie Termiten wogte der wilde Schwarm.
Den goldumreiften, den schwarzen Arm
Schlang er um die Geliebte fest:
Schmucke dich, Madchen, zum Siegesfest!
Sieh, glanzende Perlen bring ich dir dar!
Sie flicht durch dein krauses, schwarzes Haar
Wo Persias Meerflut Korallen umzischt
Da haben wir triefende Taucher gefischt.
Sieh, Federn vom Straube! Lab sie dich schmucken
Weib auf dein Antlitz das dunkle nicken!
Schmucke das Zelt! Bereite das Mahl!
Fulle, bekranze den Siegespokal!”
Aus dem schimmernden weiben Zelte hervor
Tritt der schlachtgerustete furstliche Mohr;
So tritt aus schimmernder Wolken Tor
Der Mond, der verfinsterte, dunkle, hervor.
Da grubt ihn jubelnd der Seinen Ruf
Da grubt ihn stampfend der Rosse Huf.
Ihm rollt der Neger treues Blut
Und des Nigers ratselhafte Flut.
“So. fuhr uns zum Siege, so fuhr uns zur Schlacht!”
Sie stritten vom Morgen bis tief in die Nacht
Des Elefanten gehohlter Zahn
Feuerte schmetternd die Kampfer an.
Es fleucht der Leu, es fliehn die Schlangen
Vor dem Rasseln der Trommel mit Schadeln behangen
Hoch weht die Fahne, verkundend Tod:
Das. Gelb der Wuste farbt sich rot. –
So tobt der Kampf im Palmental!
Sie aber bereitet daheim das Mahl;
Sie fullt den Becher mit Palmensaft,
Umwindet mit Blumen der Zeltstabe Schaft.
Mit Perlen, die Persias Flut gebar,
Durchflicht sie das krause schwarze Haar
Schmuckt die Stirn mit wallenden Federn und
Den Hals und die Arme mit Muscheln bunt.
Sie setzt sich vor des Geliebten Zelt;
Sie lauscht, wie ferne das Kriegshorn gellt.
Der Mittag brennt und die Sonne sticht:
Die Kranze welken, sie achtet’s nicht.
Die Sonne sinkt, und der Abend siegt;
Der Nachttau rauscht, und der Gluhwurm fliegt.
Aus dem lauen Strom blickt das Krokodil,
Als ob es der Kuhle genieben will.
Es regt sich der Leu und brullt nach Raub,
Elefantenrudel durchrauschen das Laub.
Die Giraffe sucht des Lagers Ruh,
Augen und Blumen schlieben sich zu.
Ihr Busen schwillt vor Angst empor;
Da naht ein fluchtiger, blutender Mohr.
“Verloren die Hoffnung! Verloren die Schlacht!
Dein Buhle gefangen, gen Westen gebracht!
Ans Meer! Den blanken Menschen verkauft!”
Da sturzt sie zur Erde: das Haar zerrauft,.
Die Perlen zerdruckt sie mit zitternder Hand,
Birgt die gluhende Wange im gluhenden Sand.
2
Auf der Messe, da zieht es, da sturmt es hinan
Zum Zirkus, zum glatten, geebneten Plan.
Es schmettern Trompeten, das Becken klingt,
Dumpf wirbelt die Trommel, Bajazzo springt.
Herbei, herbei! – Das tobt und drangt;
Die Reiter fliegen; die Bahn durchsprengt
Der Turkenrapp und der Britenfuchs!
Die Weiber zeigen den uppigen Wuchs.
Und an der Reitbahn verschleiertem Tor
Steht ernst ein krausgelockter Mohr;
Die turkische Trommel schlagt er laut
Auf der Trommel liegt eine Lowenhaut
Er sieht nicht der Reiter zierlichen Schwung,
Er sieht nicht der Rosse gewagten Sprung.
Mit starrem trocknem Auge schaut
Der Mohr auf die zottige Lowenhaut.
Er denkt an den fernen, fernen Niger
Und dab er gejagt den Lowen den Tiger;
Und dab er geschwungen im Kampfe das Schwert:
Und dab er nimmer zum Lager gekehrt
Und dab sie Blumen fur ihn gepfluckt,
Und dab sie das Haar mit Perlen geschmuckt –
Sein Auge ward nab, mit dumpfem Klang
Schlug er das Fell, das rasselnd zersprang.
“Prinz Eugen der edle Ritter”
Zelte, Posten, Wer-da-Rufer!
Lust’ge Nacht am Donauufer
Pferde stehn im Kreis umher
Angebunden an den Pflocken;
An den engen Sattelbocken
Hangen Karabiner schwer.
Um das Feuer auf der Erde,
Vor den Hufen seiner Pferde
Liegt das ostreich’sche Piket.
Auf dem Mantel liegt ein Jeder,
Von den Tshakos weht die Feder,
Leutnant wurfelt und Kornet.
Neben seinem muden Schecken
Ruht auf einer wollnen Decken
Der Trompeter ganz allein:
“Labt die Knochel, labt die Karten!
Kaiserliche Feldstandarten
Wird ein Reiterlied erfreun!
Vor acht Tagen die Affaire
Hab’ ich, zu Nutz dem ganzen Heere,
In gehor’gen Reim gebracht;
Selber auch gesetzt die Noten;
Drum, ihr Weiben und ihr Rothen!
Merket auf und gebet Acht!”
Und er singt die neue Weise
Einmal, zweimal, dreimal leise
Denen Reitersleuten vor;
Und wie er zum enemale
Endet, bricht mit unmale
Los der volle kraft’ge Chor:
“Prinz Eugen, der edle Ritter!”
Hei, das klang wie Ungewitter
Weit ins Turkenlager hin.
Der Trompeter tath den Schnurrbart streichen
Und sich auf die Seite schleichen
Zu der Marketenderin.