Українська та зарубіжна поезія

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Das Paradies

“So viel Voglein als da fliegen
So da hin und wieder fliegen.”
In meinem Fenster lag ich um vier Uhr,
Glock vier an einem Himmelssommermorgen.
Der breite braune Graben, der das Schlob
Umringt und schutzt vor jedem Überfall,
Gahnt unter mir, erwacht aus Nacht und Nebel.
Schon blitzen uber seine Flache fort
Die blanken schlanken Schwalben; und Libellen
Ruhn ihre zitternden Flugel aus im Schilf.
Weit aus dem Park klingt gulio giliaio
Des Pirols Ruf in hohen Gartenbaumen;
Wie gelb und schwarze Balle gaukelt er.
Mir gegenuber, dicht am Wasserrand,
Biegt sich, umtanzt von weiben Schmetterlingen,
Von Lilalocken vollig uberburdet,
Mit seinen Bluten ein Syringenbusch:
Kommt, kommt, und pfluckt mich doch! Kommt keiner her,
Um meiner Liebe Prangen zu bewundern?
Nicht fern davon steht eine Enakseiche,
Die ihre jung grungoldigen Blatter straubt.
Und zwischen Eiche und Syringenbusch
Erscheint gemach, aus tiefen Schatten patschend,
Ein Lowenpaar. Ein Zicklein “weib wie Schnee”
Umspringt es wie ein Hund, der seinen Herrn
Nach langer Trennung endlich wieder sah.
Die beiden Lowen legen sich ins Gras,
Wo der Syringenbusch sein Pfingstfest feiert.
Das gelbe Fell, die dunkle Zottelmahne
Sind uberwolbt vom Lilablutenrausch.
Ein Fleck von kleinen brennend roten Blumen
Lauscht zu mir her aus einem Wiesenstuck.
Es ist ganz still. Die Sonne schwitzt und schweigt.
Die Vogel, “so da hin und wieder fliegen”,
Machen im Fluge nur ein zart Gerausch,
Wenn sie bei meinem Ohr voruberschieben.
Wo bin ich denn? Ach so: im Paradies.

Funf Stunden spater, und im Park wird’s laut:
Prinzebchen Gabriele geht spazieren.
Sie ist vier Jahre alt. Begleitet ist sie
Von einer Hofdame und einer Bonne;
Ein greiser Kammerdiener folgt von weitem.
Wie Reynolds sie und Gainsborough gemalt,
Ich kann nicht besseren Vergleich hier geben,
So schaut sie aus, so unschuldvoll und reizend.
Sie plappert bald franzosisch, englisch bald,
Antwortet deutsch, antwortet danisch auch,
Und leuchtet dann mit ihren frischen Backchen
Durch die Alleen fort, durch Buchs und Eiben.
Und Gott der Herr sieht lachelnd auf sie nieder
Und kubt sie auf die kinderholde Stirn.

Neulich fuhr sie zum erstenmal ins Leben
Und kam dabei durch eine kleine Stadt.
Da war in einem Biergarten viel Larm:
Geschart auf Banken, die sich fast verwachsen,
Sitzt, eng gedrangt, all-alles durcheinander:
Weiber und Manner, die zuviel getrunken
Und nun mit wildestem Gejohle jubeln,
Skatmenschen, denen aus den dicken Knocheln
Das Blut schier rinnt vom harten Tischaufschlagen,
Dampfende Madchen, die vom Tanzsaal kommen,
Wo ein entsetzliches Klavier berserkert.
Ein Klub erscheint, der Klub “Klein Veilchen du”:
Voran ein Mann mit langem grauem Bart,
Der wurdevoll in seinem schwarzen Gurtel,
Mit finstrer Augenbrau’, geschwellter Brust,
Ein Banner hochhehr tragt: Klein Veilchen du.
Die Quasten halten ernste Junglinge.
Jetzt stimmt der Sangerchor des lieben Klubs
Gesang an: “Wenn die Eichenwalder rauschen.”
Gelachter, Raufen, Saufen, Kreischen, Grolen –
Da fahrt der Wagen mit Prinzeb vorbei.
Sie sieht mit groben, staunend groben Augen
Den Wirrwarr an. Er scheint ihr zu gefallen.
Sie klatscht in ihre Handchen und ruft selig:
Le grand jardin, oh, c’est le paradis!

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Das Paradies - DETLEF VON LILIENCRON