Das urteil des herzogs von Burgunt
Gedicht von Hans Sachs
In dem rosenton Hans Sachsen.
19. october 1547.
1.
In Hochburgund ein ritter sabe,
dem trug ein ritter neid und habe,
denselben fing er auf ein tag,
sucht zu im vil anspruch und klag,
schetzt in um zwelf tausent ducaten,
das bracht sein frau auf nach den taten;
In zwei monaten brachts dem bosen
iren herren darmit zu losen.
aus bos unzuchtiger begir
begeret der boswicht von ir,
auch vor ein nacht bei ir zu schlafen,
sonst wolt er in am leben strafen.
Die frau erschrak, was erenfrum,
fragt iren man im turn darum
wie sie sich in der sach solt halten.
ir wurt geantwort von dem alten:
“o, du lieber gemahel mein,
weil es ie nit anders kan sein,
so tu dich in sein willen geben,
das mir errettet wert mein leben.”
2.
Nach dem sie die nacht bei im lage,
fru balt nun aufginge der tage,
lieb er den alten ritter aus;
doch auf eim tepich vor dem haus
lieb er im abschlagen das haubet,
in leib, er und auch guts beraubet.
Die frau floch zum herzog behende
von Burgunt, sagt im an dem ende,
wie tirannisch gehandlet het
der ritter; nach dem schicken tet
der herzog und lud in zu gaste
in seinen furstlichen palaste.
Die frau auch mit in zu tisch sab,
in lauter schwarz bekleidet was,
tet sam het er sie nie gesehen.
nach dem mal tet der herzog jehen
zum ritter: “dises freulein schan
ist ein witwe und hat kein man;
dergleichen hast du auch kein frauen;
wir wollen dirs elich vertrauen.”
3.
Der red erschrak er, tet sich schemen,
sagt: “dismal wil ich kein weib nemen.”
der herzog blickt in ernstlich an,
sprach: “du must sein der frauen man,
oder hast unser hult verloren.”
als er vermerkt des fursten zoren,
Er seinen willen darein gabe,
want doch die augen von ir abe.
der furst sprach: “setz dich und verschreib
alles dein hab und gut dem weib,
versiegels mit dem petschier deine.”
als der brief wart vollent gar feine,
Da gab der furst in gottes namen
beidesamen elich zusamen.
balt er zu eren bracht die frauen,
lieb er im auch den kopf abhauen.
der frauen wart sein hab und gut,
als die cronica sagen tut,
geschah nach Cristi geburt zware
vierhundert und auch funfzig jare.