Der Segen
Schon lange ruhst du, liebende Julia,
In deinem Grabe, du, die den Vater mir
Deinen ersten, und bald
Einzigen Sohn gebahr.
Viel Einsiedler der Gruft deckt die Vergessung auch.
Nie vergab ich dich, niemals vergess’ ich dich!
Dein Liebling war ich, und du erhobst mich,
Durch deinen frommen Wandel, zuerst zu Gott.
Ich kam von der Limmat, flog zu den Belten.
Verlassen hatt’ ich dich jungst noch frisches
Alters; allein wehe mir, (ich fuhl’ es noch jetzt!)
Wie fand ich dich wieder!
Die bleichere sab, den Fub auf doppelte
Teppiche hingesenkt,
Den Stab in der Hand, starrend das Auge; die Stimme war
Nicht Stimme. Nur einzelne kalte Wort’ athmete sie:
Nahm an dem Schicksal ihres so sehr und so lang geliebten
Enkels nicht Antheil mehr. Durch den Vater froh,
Froh durch die Mutter, wanket’ ich oft zu ihr,
Und sab dann mit ihr an ihrem Grabe.
Der Scheidung finsterer Abend kam.
Er wurd’ ihr verborgen,
Aber von ihr geweissagt.
Schon war ich wankend aufgestanden,
Schnell stand auch sie,
Kaum bedurfend des stutzenden Stabes!
Sie richtete hoch das Haupt auf.
Ihr Auge war
Wieder Auge geworden,
Stimme wieder die Stimme!
Sie legte mir auf die Stirne die Hand,
Und die begeisterte segnete mich.
Himmlische Worte stromten ihr!
In der Wonne und der Wehmut sank ich beynah;
Aber sie ware ja mitgesunken:
Dieb nur hielt den erschutterten.