Preisgesang der Blumengottinn
Ich bin die Blumenkoniginn,
Die Welt – und Himmelsgartnerinn;
Denn Berg und Thal, Gebirg’ und Wiesen saugen
Die edeln Blumen nicht allein:
Sie wachsen in Krystall und Stein,
Sie lassen sich in Erz und Muscheln zeugen.
Die Flusse, Seen und das Meer
Sind nicht von Klee und Veilchen leer;
Ja, Vorwitz hat sogar die Pracht
Agtsteinenen Geblums und Rosen aus Krystallen,
Als die sich in der Luft versteinernden Korallen,
Aus Thetis Schoob’ an’s Licht gebracht.
So ist’s auch nur ein Alpbild im Gehirne,
Dab ein Gestirn ein Bar sei oder Stier.
Der Erdball stellt ja einen Garten fur
Durch meiner Blumen irdische Gestirne;
Der Himmel aber ist ein Garten; seine Sterne
Sind Blumen; der neun hellen Sterne Glanz
War vor der Zeit der Ariadne Kranz.
So mogt ihr euch vor mir schamrothig nun entfernen,
Ihr Gottinnen der andern Jahreszeit,
Weil Ceres nur allein im Sommer Klee abmeiht,
Pomone nur den Herbst ausziert mit Obstgerichten,
Der Himmel auch nur prangt mit Blumen, nicht mit Fruchten.
Hingegen ist mein Schmuck des ganzen Jahres Kleid,
Den nicht der Reif des Herbstes kann entfarben,
Der Sommer nicht versengen und verderben,
Des Winters Frost nicht tilgt, der Alles sonst verschneit.
Kein Kraut, kein Baum bringt seine Frucht herfur,
Die nicht vorher mit Bluth’ und Blumen prahlen.
Der Pomeranzen purpurreiche Schalen
Sind doch beschamt durch ihrer Bluthe Zier;
Die Nub giebt nach der Blume der Muskaten,
Und der Geschmack der Aepfel von Granaten
Weicht ihrer Bluth’ an Farben und Geruch;
Das fette Feld ist ein smaragden Tuch,
Eh’ als man kann einernten falsche Saaten.
Mein Blumwerk hegt sogar, wie Trauben, Wein und Most,
Dient Menschen zur Arznei und Bienen zu der Kost.
Ja, meiner Blumen Purpur giebt
Der Lieb’ ein Wohnhaus ab, der Wollust eine Wiege;
Jedweder Stengel ist ein Merkmal ihrer Siege;
Denn alle Blumen sind verliebt,
Ihr Wohlgeruch ist ihrer Seele Sehnen,
Die Farb’ ihr Brand, der Thau die Liebesthranen.