Sehnsucht nach dem Vaterlande
Ich werde eine gleiche Schonung fur dieses kleine Stucke suchen mussen, das in einer schwermuthigen Stunde auf meinen Reisen entstanden und vielleicht deswegen erhalten worden ist, weil es die Ruhrung des Herzens einigermaben vorstellt.
Beliebter Wald! beliebter Kranz von Buschen,
Der Hasels Hoh mit grunem Schatten schwarzt,
Wann werd ich mich in deinem Schoob erfrischen,
Wo Philomel auf schwanken Zweigen scherzt?
Wann werd ich mich auf jenen Hugel legen,
Dem die Natur das Moos zum Teppich schenkt,
Wo alles ruht, wo Blatter nur sich regen,
Und jener Bach, der ode Wiesen trankt?
Ach, Himmel! lab mich doch die Thaler gruben,
Wo ich den Lenz des Lebens zugebracht,
Und in dem Wald bei kleinen Wassergussen
Auf einen Reim fur Silvien gedacht,
Wo schwaches Laub, belebt vom Westen-Winde,
Die matte Seel in sanfte Wehmuth bringt,
Und in dem Frost noch nie bestrahlter Grunde
Kein Leid mehr bleibt, das nicht die Stille zwingt.
Hier mub ich mich mit statem Kummer schlagen,
Die Ruh ist mir ein unbekanntes Gut;
Mein Geist versinkt in immer neuen Plagen,
Ich weib noch nicht, wie Ruh und Freude thut.
Entfernt vom Land, wo ich begann zu leben,
Von Eltern blob, und fremd fur jedermann,
Dem blinden Rath der Jugend ubergeben,
Gefahrlich frei, eh ich mich fuhren kann.
Bald schleicht ein Weh durch meine matten Glieder,
Das selbst den Trieb nach Ruhm und Wahrheit dampft;
Bald fallt der Bau der schwachen Hoffnung nieder,
Die athemlos mit Gram und Ohnmacht kampft;
Bald bricht die Flut den Schutt von murben Dammen,
Womit der Tod an unsre Walle schwimmt;
Bald will uns Mars mit Flammen uberschwemmen,
Davon der Tacht schon in der Asche glimmt.
Doch nur getrost, es kann nicht immer wahren!
Des Wetters Macht nimmt ab bei jedem Streich.
Vergangnes Leid mub Wohlsein fuhlen lehren,
Wer nie gedarbt, ist ohne Freude reich.
Ja, ja, die Zeit tragt auf geschwinden Flugeln
Mein Ungluck weg und meine Ruh heran;
Beliebte Luft auf vaterlichen Hugeln,
Wer weib, ob ich dich einst nicht schopfen kann!
Ach, dab ich dich schon itzt besuchen konnte,
Beliebter Wald und angenehmes Feld!
Ach, dab das Gluck die stille Lust mir gonnte,
Die sich bei euch in oder Ruh erhalt!
Doch endlich kommt, und kommt vielleicht geschwinde,
Auf Sturm die Sonn und nach den Sorgen Ruh.
Ihr aber grunt indessen, holde Grunde,
Bis ich zu euch die letzte Reise thu!