Der Wein ist nicht geraten
Was hab ich doch vernommen
Fur grobe Traurigkeit!
Es ist ins Land gekommen
Gar eine schlimme Zeit!
Der Wein ist nicht geraten
An Mosel, Rhein und Lahn,
Und was die Winzer taten,
Das ist umsonst getan!
Es pflanzte seine Reben
Ein jeder nett und fein;
Er dachte: Gott wird geben
Den lichten Sonnenschein,
Der fern die Wolke lenket,
Dab sie sich rauschend senkt,
Auch unsrer Hugel denket
Und frischen Tau uns schenkt.
Und oft zur Morgenstunde –
Kam Mai und Juni drauf –
Die irdne Pfeif im Munde,
Stieg er den Berg hinauf;
Und froh war sein Gemute,
Wenn von der Felsenwand
Die erste junge Blute
Den suben Duft gesandt,
Wenn sich zu voller Traube
Die Beeren angesetzt
Und in dem grunen Laube
Ein Schimmern war zuletzt:
Als sah man herrlich prangen
Des Goldes hellen Schein,
Als war der Berg behangen
Rings mit Rubinenstein!
“Gott ist mir gut gewesen!”
So klang des Winzers Lied;
“Bald werd ich lustig lesen,
Was mir der Herr beschied!
Ein schoner Erntemorgen
Bricht in den Dorfern an,
Vorbei nun Gram und Sorgen,
Ich bin ein froher Mann!”
Er sprach’s. Da zog mit Sturmen
Der kalte Herbst daher:
Er sah die Wolken turmen
Sich rings so regenschwer.
Verschwunden ist sein Hoffen!
Das kurze Gluck ist aus!
Von hartem Schlag getroffen
Geht weinend er nach Haus!
Du wirst die Hande legen
Nicht an die Kelter dein!
Nun trauft des Weines Segen
Nicht in dein Fab hinein!
Du wirst kein Lied mehr singen!
Kein Brot und warmend Kleid
Wirst du den Kindern bringen,
Ist alles rings verschneit!
Drum, die ihr in den Stadten
Nach vollen Schusseln langt,
Die ihr mit guldnen Ketten,
Mit Kreuz und Sternen prangt,
Die ihr den Nierensteiner
Im tiefen Keller habt
Und oft mit Ingelheimer
Die durst’gen Kehlen labt,
Die ihr im schmucken Saale
Aus grunen Romern zecht,
Des Morgens Speciale,
Am Abend Schoppen stecht,
Die ihr bei Lust und Scherzen
Verjubelt Nacht auf Nacht –
Denkt, dab mit schwerem Herzen
Manch armer Winzer wacht!
Denkt, dab zu allen Tagen,
Denkt, dab bei uns von je
Man immer horte sagen:
“Nur Wohl und Keinem Weh!”
Und labt das Scherflein springen
So lustig an den Rhein,
Wie ich dies Lied tat singen
Frei in die Welt hinein!