Der Blinde
Man setzt ihn hinter einen Gartenzaun.
Da stort er nicht mit seinen Qualerein.
“Sieh dir den Himmel an!” Er ist allein.
Und seine Augen fangen an zu schaun.
Die toten Augen. “O, wo ist er, wie
Ist denn der Himmel? Und wo ist sein Blau?
O Blau, was bist du? Stets nur weich und rauh
Fuhlt meine Hand, doch eine Farbe nie.
Nie Purpurrot der Meere. Nie das Gold
Des Mittags auf den Feldern, nie den Schein
Der Flamme, nie den Glanz im edlen Stein,
Nie langes Haar, das durch die Kamme rollt.
Niemals die Sterne. Walder nie, nie Lenz
Und seine Rosen. Stets durch Grabesnacht
Und rote Dunkelheit werd ich gebracht
In grauenvollem Fasten und Karenz.”
Sein bleicher Kopf steigt wie ein Lilienschaft
Aus magrem Hals. Auf seinem durren Schlund
Rollt wie ein Ball des Adamsapfels Rund.
Die Augen quellen aus der engen Haft,
Ein Paar von weiben Knopfen. Denn der Strahl
Des weiben Mittags schreckt die Toten nicht.
Der Himmel taucht in das erloschene Licht
Und spiegelt in dem bleiernen Opal.