Українська та зарубіжна поезія

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Waldeinsamkeit. Vorwort

Seltsamer Genius unsres Jahrhunderts:
Der eine verwunscht es, der andre bewunderts.
Im Lenz geht der Flurgang, um Ernte zu beten,
Im Sommer der Spurgang der Stahlrohrlaffeten;
Die Starken, Gesunden hauen sich Wunden,
Die Schwacheren eilen, sie pflegend zu heilen,
Und jeder plagt sich, zerwetzt und zersetzt
Im Daseinskampf, wie von Wolfen gehetzt,
Kaum eingedenk, dab der Weltengeist
Dem Denken auch sanftere Bahnen weist
Und dab, trotz Mammon, Kriegsehrgeiz und Spott,
Das Beste bleibt: Friede in sich und in Gott!

Vergonnt, dab ich heute von Waldfreund erzahle,
Dem Mann mit der kindlich bescheidenen Seele,
Deb ersten Strichen und Zwickbuchgedanken
Die Einsamkeitblatter ihr Dasein danken.
Er war eine ehrliche, biedere Haut,
Erfahren im Zeichnen, den Musen vertraut,
Von findigem Sinn, ein Charakter wie Gold
Und der grunen Farbe vor allem hold,
In des Staatsdienst hierarchisch gestufter Schar
Verzeichnet als Forstamts-Actuar.
Im Vorland der Alpen lag sein Bezirk,
Sein Amtssitz idyllisch gelehnt ans Gebirg;
Gern weilte mit ihm, des Haushalts pflegend,
Sein Mutterlein in der einsamen Gegend.
Das Volk sprach, es hause im Berg drin ein Zwerg
Und hieb drum sein Forsthaus “Schratimberg”.

Dort lebte er eifrig dem Forstmannberuf,
Der taglich neue Freuden ihm schuf,
Und war sich eigentlich selber nicht klar,
Dab er ein Kunstler im Lodenrock war,
Der, wie Adalbert Stifter, den Stift in der Hand,
Den feinsten Wildhonig im Heimatwald fand.
Denn allzeit, wohin ihn ein Dienstgang verschlug,
Im Buchsenranzen und Rucksack trug
Bei Pulver und Blei er auf Schritt und Tritt
In Leinwand gebunden ein Skizzenbuch mit.
Und wo ein landschaftlich schones Motiv
Den Trieb der Nachbildung wach in ihm rief,
Da wards, wie er sprach, “der Natur abgespickt
Und abgerissen und abgezwickt”.
Gewissenhaft trug er’s dem Skizzenbuch ein
Und nannte dieses sein Zwickbuchlein.
In Winterzeit, im traulichen Heim,
Ersann er zum Bild den erlauternden Reim.

Als nun dem Guten die Stunde genaht,
Die jeglichem schlagt auf dem Lebenspfad,
Wo Minnewirrwarr und traumend Verlangen
Spannkraftig das sehnende Herz umfangen,
Als die Linden bluhten mit duftigstem Ruch,
Kam zur Sommerfrische ein Hauptstadtbesuch;
Es nahm in der gastlichen Muhle Quartier
Beim Birkengeheg in Waldfreunds Revier
Ein Rector, weit als Gelehrter bekannt,
Mit Tochter, Wilhelmina genannt.
Die war ganz ein achtes Hauptstadtkind,
Ein Wildfang, pikant, sehr weltlich gesinnt,
Schier ein wenig frivol – sprach gebildet, sprach fein,
Auch manchmal kraftig ins Blaue hinein.
Aber wenn grazios ihre Scherze sie machte,
So recht von Herzensgrunds Tiefe auflachte
Und den blonden Schwall des Gelocks ruckstrich,
Dacht mancher herzklopfend an “Du” und an “Ich”.

Als der Forstwart zum stadtfeinen Fraulein sich fand,
Leis unbewubt Neigung zu Neigung entstand,
Die auberte sich, ein magnetischer Fluch,
Anziehend, abstobend im Widerspruch.
Zwar wollten sie taglich nicht viel sich entbehren,
Doch viel an sich meistern, belehren, bekehren;
Und als der Urlaub zur Endung kam,
Ihr Geplauder kritische Wendung nahm.

Sie schwarmte in enthusiastischem Dunst
Fur sudlichen Himmel, italische Kunst;
Vielleicht dab als fernes Motiv dabei leise
Den Gedanken obschwebte die Hochzeitreise.
Er sprach: “Was scheeren mich Pinien und Palmen?
Im Latschengestrupp, im Wildheu der Almen,
Ueberall, alluberall ists kunstlerisch schon,
Man mub nur richtig zu schauen verstehn!
Ja man konnt im Revier hier, wurd’s einer bezahlen,
Ein ganz Belvedere zusammen malen.”
“In der Kunst gibts eben”, warf spottisch sie hin,
“Einen niederen und einen hoheren Sinn.-“
Item, ein Wortlein das andere gab,
Man reiste nicht ohne Verstimmung ab
Und ahnte selbzweit noch nicht, dab ein Zwist
Sich entfaltender Neigung Anzeichen oft ist.
Als jedes zu Hause, kam jedem die Reue;
Sie schmollte, und Waldfreund brummte, der treue:
“Statt Rache zu nehmen mit strafendem Eisen
Will ich mein Wort durch die That ihr beweisen,
Ich zeichne ein Album, Granatelement!
Vom Schratbergrevier, dab sie reuig erkennt,
Dab Unsereinen man nicht braucht zu zobeln,
Noch ihm einen niederen Sinn abzuhobeln!”
Gesagt und gethan! Stets ist es zu loben,
Verstimmung der Liebe in Kunst zu vertoben.
Ein strammer Reviergang gab ihm den Plan
Zum ganzen zwolfblattrigen Album an,
Denn ihr Antlitz, rothweib wie Pfirsichblute,
Konnt’ er doch nicht vergessen in Groll wie in Gute.
“Ich will”, schrieb er damals, “zusammen mich raffen
Und eine Reihe von Waldscenen schaffen,
Bald freundlich, bald ernst, wie empfanglich Gemuth
Sie erfabt, wenn poetische Stimmung ihm bluht,
Wenn der Wanderer fruhestens auf sich macht
Und im Wald verbringt einen Tag, eine Nacht.
Voruber am baum – und staffagelosen Moor
Gehts im Fruhlicht frisch zum Waldeingang empor.
Am sickernden Wasser ein Vogleinpaar singt,
Wenn durch tiefstes Dickicht der Sonnenstrahl dringt.
Heib naht der Mittag; in schwuler Ruh
Deckt welkes Laub ein alt Jagdschlob zu,
Dann Gewittertoben, deb schwerer Gang
Im Windbruch sich zeigt den Tannberg entlang;
Felsode Unwirthlichkeit, rauh und wild,
Mildert wildbluhenden Rosenstrauchs Bild;
Vor der Sonne Untergang wuthet ein Brand. . .
Ihre letzten Strahlen vergolden das Land,
Und das Reh zieht zur Ruhe. . . zum Abendsterne
Tont klagender Unkenruf in der Ferne,
Und des Holzhauers Axt stort die Mitternacht,
Die dem Wanderer Nachtruhe im Moos hat gebracht.
Nun weckt die Sonne am zweiten Tag
Bei der Waldmuhle hoheren Herzensschlag,
Und getrostet kehrt, hoffend auf Minne und Gluck,
Zu Schratimbergs traulichem Heim er zuruck.

Nach Lieblichem Rauhes, Bewegung nach Ruh,
Der Tagzeit entsprechend Lichtwirkung dazu,
Sei jegliches Bild mit begleitendem Wort
Als ein Ton in der Gegensatze Accord
Zum Ganzen gereiht! . .”

So war es geplant,
So kundets im Zwickbuch ein Durcheinand
Von Skizzen, Entwurfen und Strichen in Stift,
Notizen, Gedanken und Verseschrift. . .
Hier Studien von Baumen, Waldinn’rem und Rohr –
Dort bricht wie ein Springquell die Dichtung hervor
Dem Gegenstand gleich, bald phantastisch in Form,
Bald lyrisch und weich, den Klingreim als Norm.

In dieser Art Schaffens ein Zauber ruht,
Weil die friedliche Streitfrage auf sich thut:
“Sind die Bilder der Dichtung Illustration?
Gab der Maler dem Dichter die Inspiration? . .”
Vielleicht dab ein Spaterer, melodisch beschwingt
Die Waldfreundstimmung in Noten noch bringt.
Doch entscheidet nun selber, die Blatter zur Hand,
Und vernehmt, was geschrieben im Zwickbuche stand.

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Waldeinsamkeit. Vorwort - JOSEPH VICTOR VON SCHEFFEL
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